Sonntag, 16. Dezember 2012

Mozilla ruft zum Widerstand gegen geheimes Internet-Abkommen auf

Redaktion
Ein weiteres Schwergewicht hat sich nun offiziell den Kritikern angeschlossen, die sich den Bestrebungen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU) entgegenstellen, den Regierungen die Kontrolle  über das Internet einzuräumen: Die gemeinnützige Mozilla-Stiftung aus dem kalifornischen Silicon Valley hat eindeutig gegen die ITU Position bezogen.


Mozilla hat u.a. den äußerst beliebten Firefox-Internetbrowser für PCs, Macs und Smartphones entwickelt und verurteilte öffentlich das hochgeheime Treffen in Dubai in dieser Woche, auf dem wichtige Richtungsentscheidungen fallen könnten, wie die Welt zukünftig mit dem und über das Internet verbunden ist.


Bisher sind kaum Einzelheiten über die Beratungen der Vertreter der Teilnehmerstaaten der Weltkonferenz über internationale Kommunikation (WCIT) der Vereinten Nationen (UN), die in dieser Woche hinter verschlossenen Türen in den Vereinigten Arabischen Emiraten stattfindet, an die Öffentlichkeit gedrungen – und genau dieser Aspekt steht im Mittelpunkt der Kritik der Mozilla-Gemeinschaft. In einem Appell, der auf der Internetseite Mozilla.org veröffentlicht wurde, schreiben die Entwickler:

»Es geht hier nicht darum, ob unsere Regierungen, die UN oder sogar die ITU bei der Gestaltung des Internets  mitreden sollten. Aber es wirft ein Problem auf, wenn sie versuchen, es hinter verschlossenen Türen, im Geheimen und ohne uns zu beteiligen, durchzuziehen…
Das Internet gibt uns die Möglichkeit, unsere Meinung frei zu äußern, sie mit anderen zu teilen und uns im Zusammenhang mit den uns wichtigen Dingen zu vernetzen. Das Internet schafft neue Möglichkeiten, zwingt Regierungen, Verantwortung zu übernehmen und Rechenschaft abzulegen, durchbricht Barrieren und macht Katzen berühmt. Das ist kein Zufall, sondern hängt damit zusammen, dass das Internet uns allen und zu uns allen gehört. Wir alle haben ein Mitspracherecht, wenn es um seine Funktionsweise und seinen Aufbau geht.«
Um das Bewusstsein darüber zu schärfen, über welche Möglichkeiten die WCIT verfügt, um die Grundlagen der ITU umzuarbeiten, hat Mozilla ein Art »Hintergrundinformation für Aktivisten« ins Internet gestellt, um alle Menschen auf der ganzen Welt darauf aufmerksam zu machen und einen Diskussionsprozess darüber in Gang zu setzen, was mit dem Internet geschehen könnte, ohne dass man sie – die Nutzer – in irgendeiner Weise in die Diskussionen und Entscheidungen einbezogen hätte.

»Mozilla hat es zu seiner Mission gemacht, dafür zu sorgen, dass die Macht über das Internet in den Händen der Menschen bleibt«, erklärten die Mozilla-Entwickler.

Damit hat sich Mozilla einer ganzen Reihe wichtiger Internet-Persönlichkeiten angeschlossen, die die ITU-Gespräche scharf kritisieren. In den letzten Tagen gesellten sich noch Vinton »Vint« Cerf und Sir Tim Berners-Lee, zwei Computerwissenschaftler, die zu den wesentlichen Wegbereitern und Entwicklern des Internets gehören, den Kritikern hinzu.

Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, nahm zwar selbst an der WCIT teil, hatte sich vor Kurzem aber offen kritisch gegen die ITU ausgesprochen. Er warnte, eine Veränderung der internationalen Verträge, mit der die Regulierung des Internets in die Hände der Regierung gelegt würde, sei nicht nur unnötig, sondern »stellt die Stabilität« des Internets, wie man es heute kennt, auf eine »Zerreißprobe«.

»Viele Menschen haben sich mir gegenüber besorgt darüber geäußert, dass tatsächlich Länder in der Lage sein wollen, das Internet sperren zu können und ihrer Bevölkerung einen ›geschützten‹ Blick auf die ›Welt da draußen‹ zu präsentieren. Um das zu erreichen, wollen sie einen Vertrag innerhalb der ITU als Mechanismus einsetzen und andere Länder dazu drängen, sich ebenfalls den von ihnen beabsichtigten Sperrungen anzuschließen«, erklärte Berners-Lee.

Aus Dokumenten, die während der Konferenz durchsickerten, geht hervor, dass verschiedene einflussreiche Länder sich dafür einsetzen, einen neuen Internet-Standard einzuführen, der eine detaillierte Untersuchung des Datenverkehrs, die so genannte »Deep Packet Inspection« (DPI), ermöglicht. Damit könnte praktisch der gesamte Internetverkehr von Regierungsbehörden überwacht werden.

Der Blogger Arthur Herman schrieb dazu: »Dies wäre die schwerwiegendste Machtanmaßung in der Geschichte der Vereinten Nationen und zugleich ein ungeheurer Machtmissbrauch.«
www.kopp-verlag.de

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